Das Testament

Irgendwann, so geht es uns allen,
hörst Du das vorletzte Signal.
Kannst dich noch mal ans Leben krallen
oder Du singst den Schlußchoral.
Ob nun die Eiche schon gefällt ist
oder die Fichte für den Sarg
das ist egal, die Uhr läuft weiter,
mach Dich für Deinen Abgang stark.

Mich, wenn sie mich zu Grabe tragen,
also, dann mitten durch die Stadt
auf einem offnen Leichenwagen,
daß man auch davon noch was hat.
Kurvt durch die Schmuddelkinderviertel,
möglichst im Morgensonnenschein
Laß doch den schwarzen Kutscher fluchen,
mein alter Schulweg soll es sein

Eh's dann in jenem ew'gen Leben
auf jene Blumenwiese geht,
möchte ich hier noch einmal beben,
spür'n wie er mir noch einmal steht.
Dann pflück ich eine Chrysantheme,
werde sie mir durchs Knopfloch ziehn,
ie Margerite aller Toten,
ie Margerite aller Toten,

Und meine Witwe die soll trauern,
Schwarz soll sie tragen bis aufs Hemd,
weinen soll sie, am Grab erschauern,
wenn man mich in die Grube senkt.
Dann kann sie einen andern nehmen,
möglichst natürlich einen Mann,
der meine Stiefel und Pantoffel
tragen und Pfeife rauchen kann.

Der soll sich alles schmecken lassen,
Wein, Weib und Pfeife und Tabak,
soll bloß bei meinem Schnaps aufpassen,
sonst trifft ihn noch zu früh der Schlag.
Doch wenn er meine Katzen piesackt,
die ich so oft gestreichelt hab,
dann komm ich als Gespenst und schneide
ihm seinen Schwanz und andres ab.

Hier ist mein Testament zu Ende,
feiert ein schönes Leichenfest,
gleich ob ihr mich nun zur Legende
macht oder ob ihr mich vergeßt.
Ich bin dann längst im Land der Toten,
wo ich nun wirklich nichts mehr brauch,
wo längst die meisten von uns ruhen
irgendwann kommt ihr dann ja auch.